Wichtige Software für den neuen europäisch-japanischen Erdbeobachtungssatelliten EarthCARE

Algorithmentests für die 3D-Auswertung von Atmospheric Lidar (ATLID) und Multi-Spectral Imager (MSI) auf EarthCARE. Bildnachweis: Moritz Haarig, TROPOS; https://amt.copernicus.org/articles/16/5953/2023/

Die Vorbereitungen für den Start des neuen Erdbeobachtungssatelliten EarthCARE (Earth Cloud Aerosol and Radiation Explorer) Ende Mai laufen auf Hochtouren. Die gemeinsame Mission der Europäischen Weltraumorganisation (ESA) und der Japan Aerospace Exploration Agency (JAXA) wird Wolken, Aerosole und Strahlung präziser als je zuvor messen. Möglich wird dies durch die Verbindung von vier hochmodernen Instrumenten.

Einen wichtigen Beitrag zu dieser Mission leisten drei Prozessoren, die das Leibniz-Institut für Troposphärenforschung (TROPOS) gemeinsam mit Partnern entwickelt hat. Diese Algorithmen wurden nun in einer Sonderausgabe der Zeitschrift ausführlich beschrieben Atmosphärische Messtechniken.

Neue Software ermöglicht die Ableitung von Wolkeneigenschaften aus passiven Spektrometern (MSI), Aerosol- und Wolkenschichten aus aktiven hochauflösenden Lidar-Geräten (ATLID) sowie synergistischen Wolkenprodukten und Aerosolen aus beiden Instrumenten. Um sicherzustellen, dass diese Berechnungen geräteübergreifend funktionieren, wurde ein Aerosolklassifizierungsmodell (HETEAC) als Grundlage für die Aerosoltypisierung entwickelt.

EarthCARE wird das erste sein, das hochspektral auflösendes Lidar- und Wolken-Doppler-Radar mit passiven Sensoren kombiniert. Damit ist es die komplexeste Satellitenmission, die jemals ins All gestartet wurde, um Aerosole, Wolken und ihre Strahlungseffekte zu untersuchen. Die Entwicklung von EarthCARE dauerte mehr als 15 Jahre und kostete rund 800 Millionen Euro.

Der Satellit bietet große Chancen für die Wissenschaft: Die fortschrittliche Technologie an Bord liefert eine Vielzahl von Daten, die die Genauigkeit von Klimamodellen verbessern und numerische Wettervorhersagen unterstützen.

Der 17,2 Meter lange, 2,5 Meter breite, 3,5 Meter hohe und rund 2.200 Kilogramm schwere EarthCARE-Satellit wurde vom deutschen Hauptauftragnehmer Airbus in Friedrichshafen zusammengebaut, in Zusammenarbeit mit der ESA weiterentwickelt getestet und anschließend per Flugzeug nach Vandenberg transportiert (Kalifornien, Vereinigte Staaten). ), wo es Ende Mai mit einer Falcon-9-Rakete des amerikanischen Raumfahrtunternehmens SpaceX in seine Zielumlaufbahn in 393 Kilometern Höhe gebracht wird.

Wichtige Software für den neuen europäisch-japanischen Erdbeobachtungssatelliten EarthCARE

Die einzigartige Suite von EarthCARE aus vier Instrumenten bietet einen umfassenden Überblick über die Wechselwirkung von Wolken, Aerosolen und Strahlung. Wolkenprofilradar (grün) liefert Informationen über die vertikale Struktur und innere Dynamik von Wolken, atmosphärisches Lidar (lila) liefert Informationen über Wolkenoberseiten und dünne Wolkenprofile und Aerosole, der multispektrale Imager bietet einen vollständigen Überblick über die Szene in verschiedenen Wellenlängen und die Breitbandradiometer misst reflektierte Sonnenstrahlung und ausgehende Infrarotstrahlung. Bildnachweis: ESA/ATG medialab

Der Earth Cloud Aerosol and Radiation Explorer (EarthCARE) ist mit vier Instrumenten ausgestattet: einem Wolken-Doppler-Radar, einem hochauflösenden Lidar, einem bildgebenden Spektrometer und einem Breitbandradiometer mit drei verschiedenen Beobachtungsrichtungen. Die Instrumente werden synergistische Beobachtungen von Aerosolen, Wolken, Strahlung und deren Wechselwirkungen mit beispielloser Präzision ermöglichen.

Eines der Ziele der Mission besteht darin, gemessene und berechnete Strahlungsflüsse an der Spitze der Atmosphäre für eine Momentaufnahme von 100 Quadratkilometern mit einer Genauigkeit von 10 Watt pro Quadratmeter abzugleichen, was das Wissen über den globalen Strahlungsantrieb erheblich verbessern würde.

EarthCARE-Daten werden mithilfe einer hochentwickelten Datenverarbeitungskette nahezu in Echtzeit (nahezu Echtzeit) berechnet. Lidar liefert vertikale Profile und damit einen Querschnitt der Atmosphäre entlang der Flugbahn des Satelliten.

Die am TROPOS entwickelten Algorithmen leiten die Höhe der Wolkenobergrenzen und die Höhe der Aerosolschichten ab, die beispielsweise aus Saharastaub oder Rauch großer Waldbrände bestehen können. Diese Algorithmen werden im Fachjargon auch Prozessoren genannt und bilden den Softwarekern der Datenanalyse.

Zusätzlich zum Lidar ermöglicht das bildgebende Spektrometer die Charakterisierung der Atmosphäre anhand eines 150 km breiten horizontalen Bildes der Eigenschaften von Wolken und Aerosolen. Die mikro- und makrophysikalischen Eigenschaften von Wolken, wie etwa die optische Wolkendicke, der Wolkentröpfchenradius und die Wolkenoberhöhe, werden mit einem weiteren von TROPOS entwickelten Prozessor bestimmt.

Der dritte am TROPOS entwickelte Prozessor kombiniert höhenaufgelöste Informationen vom Lidar mit horizontalen Informationen vom Spektrometer, um ein verbessertes dreidimensionales Bild der Atmosphäre entlang der Flugbahn des erdumlaufenden Satelliten zu erhalten. Die Aerosolklassifizierung in allen EarthCARE-Algorithmen basiert auf dem HETEAC-Modell (Hybrid End-to-End Aerosol Classification).

„Das von TROPOS gemeinsam mit Partnern entwickelte Aerosolklassifizierungsmodell HETEAC spielt bei der Datenverarbeitung eine zentrale Rolle, denn es sorgt dafür, dass die Geräte nahezu die gleiche Sprache sprechen und ihre Daten ein einheitliches Gesamtbild ergeben“, erklärt Dr. Ulla Wandinger vom TROPOS, die die Entwicklung dieses Modells geleitet hat.

In die Analyse von Lidar- und Spektrometerdaten fließen aber auch mehrere Jahrzehnte TROPOS-Know-how in der Beobachtung von Wolken und Aerosolen ein.

„Die in unseren Prozessoren entwickelten Abrufmethoden werden für eine deutliche Verbesserung der Qualität der Wolken- und Aerosoldaten sorgen“, berichtet Dr. Anja Hünerbein, die maßgeblich an der Entwicklung der Software für das passive Spektrometer beteiligt war.

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    Testen und Vorbereiten des EarthCARE-Wolkenprofilradars für den Start in Kalifornien. Eine der Aufgaben bestand darin, die 2,5 Meter breite Radarantenne des Satelliten zu öffnen, die das Wolkenprofil erstellt. Dieses von der Japan Aerospace Exploration Agency (JAXA) bereitgestellte Instrument soll Wolken durchdringen und detaillierte Informationen über deren vertikale Struktur, Geschwindigkeit, Partikelgröße und -verteilung sowie den Inhalt im Wasser liefern. Bildnachweis: Europäische Weltraumorganisation – ESA

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    Künstlerische Sicht auf EarthCARE im Weltraum. Bildnachweis: ESA-P. Carril

Die TROPOS-Forscher in Leipzig haben nicht nur an der Software mitgearbeitet, sondern werden sich auch an der Überwachung und Kalibrierung der Daten beteiligen. Tatsächlich ist eine sorgfältige Validierung der Messungen erforderlich, um die ehrgeizigen wissenschaftlichen Ziele der EarthCARE-Mission zu erreichen.

Eine wesentliche Rolle im Validierungsprozess spielt die europäische Forschungsinfrastruktur ACTRIS (Aerosol, Clouds and Trace Gases Research Infrastructure). Die ACTRIS-Fernerkundungsstationen sind dafür bestens ausgestattet: Die Standardausrüstung, bestehend aus einem Hochleistungs-Lidar und einem Sonnenphotometer für Aerosolmessungen sowie einem Doppler-Radar und einem Mikroradiometer für Wolkenmessungen, zusammen mit dem ACTRIS Konzeptqualitätssicherung ermöglicht eine detaillierte Untersuchung aller EarthCARE Aerosol- und Cloud-Produkte.

„Workflows zur Beobachtung, Datenverarbeitung und Datenbereitstellung nahezu in Echtzeit wurden bereits entwickelt und ausgiebig getestet. Für diesen Sommer organisieren wir eine mehrmonatige Kampagne mit mehr als 40 Stationen“, sagt Dr. Holger Baars vom TROPOS. Wer koordiniert die Kampagne? Neben den TROPOS-Stationen in Leipzig (Deutschland), Mindelo (Kap Verde) und Duschanbe (Tadschikistan) werden auch zahlreiche ACTRIS-Stationen in ganz Europa beteiligt sein.

Die umfangreichen Validierungsbemühungen des TROPOS und zahlreicher internationaler Forschungsteams dienen der genauen Verifizierung der entwickelten Prozessoren und der damit ermittelten Messgrößen. Erst dann wird wirklich bekannt sein, inwieweit EarthCARE die Eigenschaften von Aerosolen und Wolken und deren Strahlungswirkung bestimmen kann und wie die weltweit gemessenen Daten genutzt werden können, um unser Verständnis der Atmosphäre zu verbessern.

Europas neues „Auge“ im Weltraum wird dank Bodenstationen die komplexen Wechselwirkungen zwischen Wolken, Aerosolen und Strahlung klarer und präziser als je zuvor erkennen können.

Mehr Informationen:
Robin J. Hogan et al., Vorwort zur Sonderausgabe „EarthCARE Level 2 Algorithms and Data Products“: Editorial zum Gedenken an Tobias Wehr, Atmosphärische Messtechniken (2024). DOI: 10.5194/amt-17-3081-2024

Bereitgestellt vom Leibniz-Institut für Troposphärenforschung (TROPOS)

Zitat: Forscher entwickeln neue Software für den neuen europäisch-japanischen Erdbeobachtungssatelliten EarthCARE (23. Mai 2024), abgerufen am 23. Mai 2024 von https://phys.org/news/2024-05-software-european-japanisch-earth-satellite . HTML

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By rb8jg

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