Der Konsens über den schwedischen Arbeitsmarkt ist noch lange nicht abgeschlossen

Metallarbeiter in den 1950er Jahren. Bildnachweis: ALVIN.

Die schwedische Arbeitsmarktpolitik im 20. Jahrhundert war nicht nur von der Zusammenarbeit zwischen den Klassen geprägt, sondern auch von gewaltsamen Konflikten. Industrielle Rationalisierung und Investitionen in neue Technologien haben Proteste von Arbeitern ausgelöst. Eine neue Doktorarbeit zeigt Parallelen zwischen den technologischen Veränderungen der 1920er und 1950er Jahre und dem Wandel, mit dem wir heute konfrontiert sind, wie etwa künstliche Intelligenz und Automatisierung.

„Das Bild eines außergewöhnlich kooperativen schwedischen Arbeitsmarktes im 20. Jahrhundert ist falsch. Auch nach dem Saltsjöbaden-Abkommen von 1938 kam es zu zahlreichen Konflikten zwischen Arbeitnehmern und Arbeitgebern, die oft durch technologische Veränderungen angeheizt wurden. Diese Konflikte haben die Form beeinflusst, die wir heute als schwedisches Modell kennen“, erklärt Arvand Mirsafian, der kürzlich seine Dissertation in Wirtschaftsgeschichte verteidigte.

In seiner Dissertation untersucht Mirsafian, wie Fabrikarbeiter auf die Rationalisierung und Umstrukturierung der Industrie und des Arbeitsmarktes im Zeitraum 1920-1950 reagierten. Insbesondere wird beschrieben, wie sich entscheidende technologische Veränderungen auf Mitglieder der Metallgewerkschaft Metall auswirkten und wie dies zu Arbeitskämpfen führte, die das Muster des schwedischen Arbeitsmarktes prägten.

Die Studie stützt sich insbesondere auf Dokumente aus den Metall-Archiven, dem schwedischen Gewerkschaftsbund, lokalen Gewerkschaftsverbänden und Zeitungen der Arbeiterbewegung. Dabei konnte Mirsafian die Meinungsverschiedenheiten zur Rationalisierung innerhalb der Gewerkschaftsbewegung und den Einfluss interner Debatten auf den institutionellen Rahmen der Arbeitsmarktpolitik untersuchen.

Während auf zentraler Ebene der Wunsch nach Zusammenarbeit zwischen den Arbeitsmarktakteuren stark ausgeprägt war, sah die Realität in den Fabriken ganz anders aus, wo die Arbeiter die Rationalisierung als potenzielle Bedrohung ihrer Arbeitsbedingungen und ihrer Autonomie wahrnahmen. In dieser Zeit wurden Proteste der Stahlarbeiter zu einem wichtigen Faktor bei der Gestaltung der Politik und der Arbeitsbeziehungen der Arbeiterbewegung.

„Während sich die Führer der Arbeiterbewegung bewusst waren, dass der technologische Wandel zu einer umfassenderen Zusammenarbeit mit Unternehmern führen könnte, waren ihre Mitglieder davon überzeugt, dass Arbeitgeber neue Technologien sowohl dazu nutzten, die Löhne niedrig zu halten als auch die Produktivität zu steigern“, sagt Mirsafian.

Ein bemerkenswertes Ereignis dieser Zeit war der Metallarbeiterstreik von 1945, der teilweise eine Reaktion auf die Rationalisierung war. Mehr als 120.000 Metallarbeiter streikten. Der Streik führt zur Schaffung neuer Tarifverträge und Institutionen zur Regulierung des Einsatzes von Technologie in der Branche sowie zur Zusammenarbeit zwischen Arbeitsmarktakteuren, mit dem Ziel sicherzustellen, dass der technologische Wandel beiden Parteien zugute kommt. Der Streik beeinflusste die entstehende Wirtschaftspolitik der gesamten Arbeiterbewegung.

Mirsafians Forschung deckt Parallelen zwischen den technologischen Veränderungen der Zwischenkriegszeit und den 1940er Jahren und dem Übergang auf, mit dem wir heute konfrontiert sind, beispielsweise bei künstlicher Intelligenz und Automatisierung.

„Der technologische Wandel hat immer zu einer Neuverhandlung der Machtverhältnisse auf dem Arbeitsmarkt geführt. Die Entwicklungen, die wir heute erleben, sind keine Ausnahme. Es gibt keine politisch neutrale Technologie; es ist von verschiedenen gesellschaftlichen Interessen geprägt. Die Geschichte kann uns ein besseres Verständnis dafür vermitteln, wie die heutige Gesellschaft mit den Herausforderungen des technologischen Wandels umgehen kann“, sagt Mirsafian.

Mehr Informationen:
Mirsafian, Arvand. Arbeiter und Technologie: Gewerkschaftsbewegung, Rationalisierung und Arbeitsmarktpolitik in Schweden 1920-1950 (2024). uu.diva-portal.org/smash/record.jsf?pid=diva2%3A1851407&dswid=-4288

Zur Verfügung gestellt von der Universität Uppsala

Zitat: Der schwedische Arbeitsmarktkonsens ist alles andere als umfassend, sagt ein Forscher (2024, 10. Juli), abgerufen am 10. Juli 2024 von https://phys.org/news/2024-07-swedish-labor-consensus -story.html

Dieses Dokument unterliegt dem Urheberrecht. Mit Ausnahme der fairen Nutzung für private Studien- oder Forschungszwecke darf kein Teil ohne schriftliche Genehmigung reproduziert werden. Der Inhalt dient ausschließlich Informationszwecken.

By rb8jg

Leave a Reply

Your email address will not be published. Required fields are marked *