Unglaubliches Wettrüsten zwischen Pflanzen und Pilzen

Mikroskopische Beobachtung von mit Bs besiedelten WT- und Hvcps2-Wurzeln bei 3 und 6 dpi. Kredit: Molekulare Pflanze (2024). DOI: 10.1016/j.molp.2024.07.006

Wissenschaftler des Leibniz-Instituts für Pflanzenbiochemie (IPB) haben gemeinsam mit Partnern der Universität zu Köln eine neue Gruppe von Abwehrstoffen in Gerste entdeckt, die gegen ein breites Spektrum pilzlicher Krankheitserreger wirksam sind. Eine Ausnahme bildet der Wurzelfäuleerreger Bipolaris sorokiniana. Dieser Pilz neutralisiert Abwehrstoffe und nutzt sie für ein besseres Wachstum.

Die Studienergebnisse wurden kürzlich in veröffentlicht Molekulare Pflanze. Die Forscher zeigen eindrucksvoll, wie ein Krankheitserreger das Immunsystem der Pflanze nicht nur umgeht, sondern es sogar zu seinem Vorteil ausnutzt.

Pilzpathogene verursachen insbesondere in wärmeren Regionen erhebliche Ertragseinbußen bei verschiedenen Kulturpflanzen wie Gerste, Mais und Weizen. Aufgrund der Erwärmung auf der Nordhalbkugel stellen sie auch in unseren Breitengraden eine wachsende Bedrohung dar.

Allerdings sind befallene Pflanzen dem Angriff des Erregers nicht schutzlos ausgeliefert. Sobald die Mikroorganismen in das Wurzelgewebe eingedrungen sind, produziert die Pflanze eine Reihe verschiedener Abwehrstoffe, sogenannte Phytoalexine. Jede Pflanzenart verfügt über ihr eigenes Arsenal an Phytoalexinen. Abwehrstoffe sind strukturell sehr vielfältig und nutzen daher unterschiedliche Wirkmechanismen zur Abwehr von Krankheitserregern.

Wissenschaftler des IPB haben nun eine Reihe neuer Phytoalexine in den Wurzeln von Gerstenpflanzen entdeckt, nachdem sie diese mit verschiedenen Pilzerregern infiziert hatten. Die gefundenen Abwehrmetabolite gehören zur Klasse der Diterpenoide.

Abgeleitet vom lateinischen Namen für Gerste (Hordeum vulgare) erhielten sie den Namen Hordedanes. Insgesamt wurden 17 verschiedene Hordedanen in infizierten Gerstenwurzeln nachgewiesen. Auch der Stoffwechselweg innerhalb der Pflanze, der zur Produktion dieser Hordedan-Verbindungen führt, wurde von Wissenschaftlern erfolgreich aufgeklärt.

Hordedanes wirken als Breitband-Antimykotikum. Sie hemmen vor allem die Sporenkeimung und das Wachstum bestimmter schädlicher, aber auch nützlicher Pilzarten. Überraschenderweise wurde eine Ausnahme festgestellt: Das Wachstum des Pilzes Bipolaris sorokiniana blieb von Hordedanen nicht nur unbeeindruckt, es verbesserte sich sogar in Gegenwart dieser Phytoalexine, die ursprünglich zur Abwehr des Pilzes hergestellt wurden.

Dies wurde anhand von Gerstenmutanten mit geschwächter Abwehr entdeckt, die nicht mehr in der Lage waren, Hordedanen zu produzieren. Bipolaris sorokiniana wuchs in diesen Mutanten langsamer als in Wildpflanzen.

Der genaue Mechanismus dieser Pilz-Gegenoffensive ist noch nicht bekannt. Weitere Untersuchungen mit der wichtigsten Hordedanverbindung, 19-β-Hydroxyhordetriensäure (19-OH-HTA), zeigten jedoch, dass Bipolaris sorokiniana in der Lage ist, 19-OH-HTA zu oxidieren und an Pilzmetaboliten zu binden. Dies neutralisiert offenbar die Wirkung von Phytoalexin.

Gleichzeitig verändert der Pilz seine parasitäre Existenzform. Bipolaris sorokiniana ernährt sich zunächst von lebenden Pflanzenzellen, die es dann zerstört. In lebenden Zellen wächst der Erreger sehr schnell, während er in abgestorbenem Pflanzengewebe vermehrt Sporen bildet, um neue Wirtspflanzen zu infizieren.

Durch die Umwandlung der Hordedane der Pflanze in Pilzstrukturen kann der Krankheitserreger eine molekulare Signalkette aktivieren, die es ihm ermöglicht, seine pflanzliche Wirtszelle länger am Leben zu halten, anstatt sie sofort abzutöten. Wissenschaftler gehen davon aus, dass dies eine längere und erfolgreichere Wachstumsphase ermöglicht. Der Pilz bricht die Speerspitze der Pflanze ab und nutzt sie für sein eigenes Wachstum.

Die Studie macht deutlich, dass die Wechselwirkungen zwischen Krankheitserregern und ihren Wirtspflanzen sehr komplex und noch wenig verstanden sind. In diesem Zusammenspiel wirken Krankheitserreger als treibende Kräfte der Evolution. Sie zwingen den Wirt dazu, ständig neue adaptive Reaktionen zu entwickeln, die wiederum von Krankheitserregern vereitelt, außer Kraft gesetzt oder zu ihrem eigenen Vorteil genutzt werden. Durch diese gegenseitigen Gegenangriffe entwickeln sich alle beteiligten Organismen ständig weiter.

Weitere Informationen:
Yaming Liu et al., Hordedane Diterpenoid-Phytoalexine begrenzen die Infektion durch Fusarium graminearum, verbessern aber die Besiedlung von Gerstenwurzeln durch Bipolaris sorokiniana. Molekulare Pflanze (2024). DOI: 10.1016/j.molp.2024.07.006

Zur Verfügung gestellt vom Institut für Pflanzenbiochemie

Zitat: Wissenschaftler beleuchten ein Wettrüsten zwischen Gerste und einem Pilzpathogen (5. November 2024), abgerufen am 5. November 2024 von https://phys.org/news/2024-11-scientists-arms-barley-fungal-pathogen. html

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By rb8jg

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