von Julia Reichelt, Rheinland-Pfälzische Technische Universität Kaiserslautern-Landau

Im Visier von Bakterien: Phagen und ihre Reprogrammierungsstrategie

Biosyntheseweg von Tetrapyrrol. Kredit: Natürliche Kommunikation (2024). DOI: 10.1038/s41467-024-52726-3

Viren, die Bakterien infizieren, sogenannte Bakteriophagen, könnten gezielt zur Bekämpfung bakterieller Erkrankungen eingesetzt werden. Sie spielen auch eine wichtige ökologische Rolle in globalen biogeochemischen Kreisläufen. Aktuelle Forschungen von Forschern der Universität Kaiserslautern-Landau (RPTU) haben ein bisher unbekanntes metabolisches Hilfsgen in aquatischen Phagen identifiziert und damit das bisherige Verständnis dieser bakteriellen Raubtiere erheblich erweitert.

Die Arbeit wird in der Zeitschrift veröffentlicht Natürliche Kommunikation.

Phagen sind Viren, die ausschließlich Bakterien angreifen. Das Ziel vieler Wissenschaftler ist es, mehr über diese winzigen Replikationseinheiten mit einer Größe zwischen 20 und 300 nm (ein Haar ist 80.000 nm dick) zu erfahren.

„Wenn wir im Detail verstehen, wie Phagen Bakterien infizieren und abtöten, können wir sie in Zukunft möglicherweise gezielt gegen schädliche Bakterien einsetzen“, erklärt Professorin Nicole Frankenberg-Dinkel von der RPTU. Das Mikrobiologieteam untersucht die verschiedenen Strategien, mit denen Phagen Bakterien in „Fabriken“ umwandeln, die für ihre Replikation, also die Produktion Hunderter neuer Phagen, bestimmt sind.

„Wir interessieren uns besonders für aquatische Lebensräume, insbesondere Ozeane und Seen, da Phagen in großer Zahl vorkommen und eine wichtige ökologische Rolle bei der Nährstoffverwertung spielen“, erklärt Professorin Frankenberg-Dinkel.

Das langfristige Ziel der Bakteriophagenforschung besteht nicht nur darin, die Phagentherapie zur Bekämpfung „schlechter“ krankheitserregender Bakterien einzusetzen, sondern auch, um sich auf aquatische Lebensräume zu beschränken, die ökologische Rolle von Phagen in globalen Ernährungskreisläufen zu untersuchen.

Phagen spielen eine entscheidende ökologische Rolle in aquatischen Umgebungen, indem sie Bakterienpopulationen kontrollieren, die mikrobielle Vielfalt aufrechterhalten und den Nährstoffkreislauf durch Prozesse wie virales Shunting beeinflussen. Sie treiben auch die mikrobielle Evolution voran, indem sie den horizontalen Gentransfer fördern – die Übertragung von einem Organismus auf einen anderen und nicht, wie es normalerweise der Fall ist, von Generation zu Generation – und indem sie selektiven Druck auf Bakterien ausüben.

In einer aktuellen Studie analysierte Frankenberg-Dinkels Team in Zusammenarbeit mit Forschern aus Israel, den Niederlanden, Tübingen und Stechlin/Potsdam mithilfe der Bioinformatik Phagen-Genmaterial aus Umweltproben.

„Normalerweise enthält dieses genetische Material hauptsächlich die Informationen, die für die Produktion neuer Phagenpartikel notwendig sind. Die Phagen nutzen die Bakterien dann als Fabriken“, erklärt der Professor.

Allerdings entdeckten die Forscher auch „Helfer-Stoffwechselgene“ im Erbgut des Phagen. Diese Helfergene stammen ursprünglich von Bakterien und wurden einst von Phagen gekapert. Sie sind nicht für den Zusammenbau neuer Phagenpartikel notwendig, sondern dienen vielmehr dazu, den Wirt, nämlich die Bakterien, während einer Phageninfektion „umzuprogrammieren“.

„In unserer Studie haben wir ein bisher unbekanntes metabolisches Hilfsgen in Phagen entdeckt“, erklärt Frankenberg-Dinkel seine neuesten Ergebnisse. „Wir konnten zeigen, dass dieses Gen für ein aktives Protein kodiert, das für die Biosynthese der „Farbstoffe des Lebens“ wichtig ist.“

Tetrapyrrole werden als Pigmente des Lebens bezeichnet. Die wichtigsten Vertreter dieser chemischen Verbindungen sind Häm, ein Bestandteil des Bluthämoglobins für den Sauerstofftransport, und Chlorophyll, der grüne Farbstoff in Blättern, der für die Photosynthese unerlässlich ist.

Frankenberg-Dinkel merkt an: „Unsere Ergebnisse legen nahe, dass Tetrapyrrole bei einer Phageninfektion eine wichtige Rolle spielen. Sie scheinen so wichtig zu sein, dass die Phagen dieses zusätzliche genetische Material tragen, weil es ihnen in irgendeiner Weise von Nutzen ist.

„Die Bedeutung von Tetrapyrrolen bei Phageninfektionen war bisher in diesem Ausmaß nicht bekannt. Tetrapyrrole sind für die Energieproduktion in Zellen unerlässlich“, so Frankenberg-Dinkel weiter. „Wir vermuten, dass es einen erhöhten Energiebedarf gibt, wenn Bakterien Phagenpartikel produzieren müssen. Daher könnten mehr Tetrapyrrole benötigt werden.“

Die Forscher konnten nachweisen, dass das metabolische Helfergen in Phagen vorhanden ist, die sowohl in Salz- als auch in Süßwasser identifiziert wurden.

Laut Frankenberg-Dinkel offenbaren die Ergebnisse der aktuellen Studie eine weitere interessante Entdeckung: Es gibt zwei Wege, die erste Vorstufe von Tetrapyrrolen herzustellen, einer davon ist der sogenannte Shemin-Weg. Und genau diesen Weg – oder besser gesagt das dafür notwendige Erbgut – haben Forscher bei Phagen identifiziert.

„Der Shemin-Weg kommt nur in einer Gruppe von Bakterien vor und ansonsten nur bei Vögeln und Säugetieren. Das bedeutet, dass Phagen dieses Gen von einer bestimmten Gruppe von Bakterien erworben haben müssen. Vielleicht, weil der Shemin-Weg effektiver ist als die C5-Alternative, weil.“ es erfordert nur ein Enzym statt zwei“, schließt sie.

Weitere Informationen:
Helen Wegner et al., Identifizierung von Shemin-Signalweggenen für die Tetrapyrrol-Biosynthese in Bakteriophagensequenzen aus aquatischen Umgebungen, Natürliche Kommunikation (2024). DOI: 10.1038/s41467-024-52726-3

Bereitgestellt von der Rheinland-Pfälzischen Technischen Universität Kaiserslautern-Landau

Zitat: Bakterien im Visier: Stoffwechselhilfsgene erweitern das Verständnis von Phagen und ihrer Reprogrammierungsstrategie (15. Oktober 2024), abgerufen am 15. Oktober 2024 von https://phys.org/news/2024-10-bacteria-auxiliary-metabolic -genes-phages . HTML

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By rb8jg

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